Standpunkt

Die Kirchen und die Demokratie

Martin Krarup
Martin Krarup

Im September werden in drei Bundesländern neue Landtage gewählt. Viele treibt die Sorge um, ob in schwieriger Zeit in jedem der Landtage eine regierungsfähige Mehrheit zustande kommen wird. Dabei geht es vor allem darum, wie extreme Parteien abschneiden und wie sich die anderen Parteien ihnen gegenüber verhalten.

Die großen Kirchen in Deutschland haben sich in den letzten Monaten ungewohnt deutlich geäußert. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und die katholische Deutsche Bischofskonferenz haben festgestellt, dass jegliche Art von völkischem Nationalismus mit dem christlichen Glauben unvereinbar sei. Den finden sie in den extremen Teilen der AfD wieder und raten Christinnen und Christen davon ab, diese Partei zu unterstützen oder zu wählen.

Das hat viel Zustimmung, aber auch heftige Kritik ausgelöst. Warum mischt sich Kirche in Parteipolitik ein? Klar ist: Die Kirchen sind Glaubensgemeinschaften und keine politischen Gruppierungen. Sie sind für alle offen, die den christlichen Glauben auf ihre Weise leben wollen. Die meisten wollen sich dabei auch gar keine Ratschläge erteilen lassen. Und die Kirche wird bereichert dadurch, dass Menschen mit ganz unterschiedlichen Haltungen und Lebensstilen zusammenfinden.

So weit so klar. Aber der christliche Glaube ist eben nichts, das frei ausgehandelt wird wie der Bundeshaushalt 2025. Er geht auf das zurück, was Jesus den Menschen vom Reich Gottes erzählt hat. Wie er gelebt und was er gelehrt hat. Die Liebe zu Gott und zu den Menschen stehen dabei im Mittelpunkt. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Zu diesem Gebot aus dem 3. Buch Mose hat Jesus deutlich gemacht, dass diese Liebe keine Grenzen kennt. Nicht die Volks- oder Religionszugehörigkeit, nicht das Geschlecht oder der Gesundheitszustand beschränken diese Liebe. Noch nicht einmal die Frage, ob mein Gegenüber mir wohlgesonnen ist.

Wenn diese Grundlage unseres Glaubens in Frage gestellt wird, muss das deutlich benannt werden: Solche Positionen können sich nicht auf den christlichen Glauben berufen. Christinnen und Christen sind also gehalten, genau hinzusehen und hinzuhören. Übrigens nicht nur sie: Das, was Jesus da gefordert hat, findet sich ähnlich auch in den ersten vier Artikeln unseres Grundgesetzes. Allen Menschen, die hier leben, müssen überlegen: Was sind die Grundlagen unseres Zusammenlebens? Was wollen wir bewahren? Und auf wen können wir dafür bauen?