Cheeseburger oder lieber nicht? Religionslehrerinnen erkunden jüdisches Leben in Hamburg

Nachricht 26. Februar 2024
Die Religionslehrerinnen in der Synagoge in Hamburg. Foto: Privat

Acht Religionslehrerinnen machten sich Anfang Februar auf den Weg nach Hamburg. Zunächst stand die Besichtigung der Synagoge Hohe Weide in Hamburg-Eimsbüttel auf dem Programm der Exkursion zu jüdischem Leben, das Schulpastorin Christa Haar-Rathjen mit der religionspädagogischen Arbeitsgemeinschaft des Kirchenkreises vorbereitet hatte.

Das Judentum ist dem Christentum sehr nah als die Religionsgemeinschaft, der Jesus von Nazareth angehörte, während er auf der Erde lebte.  Jüdische und christliche Gläubige haben einen Teil der Bibel gemeinsam und darin die Zehn Gebote und das Gebot der Nächstenliebe. Daher ist das Judentum wichtiger Bestandteil des Religionsunterrichts. Doch die wenigsten Menschen in unserer Region kennen jüdisch lebende Menschen oder haben je eine Synagoge besucht.

So erstaunte es die Pädagoginnen, als sie erfuhren, dass sich bereits im Juni 1945 in Hamburg die jüdische Gemeinde als Einheitsgemeinde neu gründete. Gleich nach den schrecklichen Ereignissen der Shoa, der Ermordung von über sechs Millionen Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten, fanden Überlebende in der Gemeinschaft des Glaubens wieder zusammen. Doch die im Zuge der Reichspogromnacht 1938 zerstörten oder stark beschädigten Synagogen der Hansestadt boten zunächst nur behelfsweise Versammlungsräume für die Gemeinde.

1960 wurde die Synagoge Hohe Weide fertig gestellt. In dem fünfeckigen modernen Bau beeindrucken der große silberne Chanukka-Leuchter aus dem 17. Jahrhundert und die zentrale Bima, der Ort, von dem aus am Shabbat aus der Torah vorgelesen wird. Auch einen Blick in den Toraschrein, in dem die kostbaren Torarollen aufbewahrt werden, durften die Lehrerinnen werfen.

Im Anschluss traf sich die Gruppe mit Katharina und Mattan von >Meet a Jew<. Diese Initiative unter dem Dach des Zentralrates der Juden in Deutschland hat es sich zum Ziel gemacht, durch persönliche Begegnungen das gelebte Judentum in seiner Vielfalt bekannter zu machen.

Die beiden Ehrenamtlichen von >Meet a Jew< sind Ende zwanzig und Mitte dreißig. Sie geben sehr persönliche Eindrücke in ihren Alltag mit ihren Familien. Beide verstehen sich als liberal und leben ihr Leben in einer modernen Großstadt wie viele andere junge Menschen auch. Mattan ist offiziell nicht Mitglied der jüdischen Gemeinde, während Katharina, die über ihren Vater zum Judentum gekommen ist, sich auch offiziell zur Gemeinde zählt.

Beide feiern mit ihren Familien das jüdische Fest Chanukka. Mattan eigentlich eher "Weihnukka", wie eine Kombination des christlichen Weihnachtsfest mit dem jüdischen Lichterfest genannt wird.

Auch wenn beide längst nicht alle der 613 Regeln befolgen, die in der Tora erwartet werden, so zeigt sich in einer Frage besonders ihre Verbundenheit: „Würdet Ihr einen Cheeseburger essen?“ Beide schütteln entschieden die Köpfe. Fleisch- und Milchprodukte werden im Judentum nicht zusammen gegessen. „Aber heutzutage ist es für uns kein Problem, denn es gibt ja veganen Käse“, freuen sie sich.

Nachdenklich hören die evangelischen Religionslehrerinnen davon, wie die Entwicklungen seit den brutalen Angriffen auf Menschen in Israel und die militärischen Gegennreaktionen Israels im Gazastreifen sich auf das Leben dieser zwei Hamburger:innen auswirken. 

Manch eine Teilnehmerin überlegt auf der Rückfahrt, wie es sich in das Schuljahr einplanen ließe mit Religionskursen eine ähnliche Begegnung zu organisieren.

Marit Pieper, Lehrerin am Aue-Geest-Gymnasium in Harsefeld, zieht ihr Fazit: „Für mich war die Begegnung gut, weil Menschen authentisch aus ihrem Leben erzählt haben und das auch mit Fachwissen zu ihrer Religionsgemeinschaft in Beziehung bringen konnten. Mit unseren Zehntklässlern fahren wir bereits jedes Jahr in die Synagoge nach Hamburg. Für unsere jüngeren Schüler:innen wäre eine Einladung von >Meet a Jew< in die Schule genau richtig.“

Christa Haar-Rathjen