Stellungnahmen und offener Brief des Kindertagesstättenverbandes zur Zukunft der Ev. Kitas in Apensen

Nachricht Buxtehude, 19. Dezember 2019

1. Stellungnahme des Ev.-luth. Kindertagesstättenverbandes Buxtehude

zu nicht erfolgenden Gesprächen mit der Samtgemeinde Apensen über eine Fortsetzung/Änderung des gekündigten Betriebsführungsvertrags für die Ev. Kindertagesstätten „Die Arche Noah“ und „Die Weltentdecker“ durch die Samtgemeinde Apensen  (10. Dezember 2019)

Mit Schreiben vom 02.07.2019 hat die Samtgemeinde Apensen gegenüber dem Ev.-luth. Kindertagesstättenverband Buxtehude zum 31.07.2020 den Betriebsführungsvertrag für die evangelischen Kindertagesstätten „Arche Noah“ und „Die Weltentdecker“ Apensen gekündigt. In dem Schreiben hieß es: „Die Gespräche zur Vertragsgestaltung sollen […] zeitnah erfolgen.“ Entgegen dieser Ankündigung sind seitens der Samtgemeinde Apensen bisher noch keine Verhandlungen über einen neuen Betriebsführungsvertrag angeboten worden. Vielmehr hat die Samtgemeinde auf wiederholte Nachfrage nicht reagiert und lediglich mitgeteilt, dass derzeit kein Gespräch gewünscht sei. Damit lässt die Samtgemeinde nicht nur den Träger der beiden Kitas, sondern vor allem die Kinder, Eltern und Erzieherinnen-Teams in großer Unsicherheit, wie die Zukunft der beiden Einrichtungen und die Betreuung der Kinder ab dem 1.8.2020 aussehen soll

Nach Eingang des Kündigungsschreibens fand lediglich am 12.08.2019 ein Gespräch zwischen der Samtgemeindebürgermeisterin und den beiden Geschäftsführungen statt, in dem keine Verhandlungen geführt wurden, sondern nur ein möglicher Vertragsentwurf der Samtgemeinde durch die Bürgermeisterin ausgehändigt wurde. Bereits damals hat der Kita-Verband Buxtehude mitgeteilt, dass der Vertragsentwurf in der vorgelegten Form nicht ohne weitere Beratungen und Veränderungen abgeschlossen werden kann, da er Passagen enthält, die dem kirchlichen Recht und der gängigen Rechtspraxis bei der Ausgestaltung einer KiTa-Trägerschaft durch einen freien Träger widersprechen. Nach diesem ersten Gespräch hat keine weitere Kontaktaufnahme durch die Samtgemeinde stattgefunden.

Mit Schreiben vom 09.09.2019 hat der KiTa-Verband die Samtgemeinde um Termin-vorschläge für Vertragsverhandlungen gebeten, um Planungssicherheit für die Familien und die Teams der Einrichtungen zu erhalten. Dieser Bitte wurde nicht entsprochen. Der Rat der Samtgemeinde Apensen beschloss in seiner Sitzung am 26.09.2019, dass ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen die Zahlen aller KiTas in der Samtgemeinde miteinander vergleichen soll und dass derzeit kein Grund für Verhandlungen gesehen werde. Der neue Betriebsführungsvertrag werde erst einmal ohne Kirche vorbereitet.

Dass ein Vertrag über eine angestrebte Zusammenarbeit zweier Vertragspartner von einer Vertragspartei einseitig ohne weitere Abstimmungen erarbeitet wird, entspricht nicht unseren Vorstellungen einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit, die niedersachsenweit zwischen Kommunen und Kirchen andernorts besteht.

Da von der Fortführung des Betriebsführungsverträge auch Dienstverträge mit den Mitarbeitenden und Betreuungsverträge mit den Eltern betroffen sind, hat der KiTa-Verband die Samtgemeinde Apensen mit Schreiben vom 21.11.2019 abermals um Gespräche über die Ausgestaltung der neuen Betriebsführungsverträge gebeten. Dieses Schreiben wurden durch die Samtgemeindebürgermeisterin am Eingangstag per E-Mail an die Ratsmitglieder weitergeleitet, mit der Bitte eine Rückmeldung zu geben. Am 29.11.2019 hat die Bürgermeisterin dem KitaVerband Buxtehude mitgeteilt, dass keines der Ratsmitglieder eine Rückmeldung gegeben habe.

Dr. Martin Krarup, Superintendent des Ev.-luth. Kirchenkreises Buxtehude, appelliert an die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung der Samtgemeinde Apensen, unverzüglich Gespräche mit dem Kindertagesstättenverband aufzunehmen: „Zu viel steht auf dem Spiel, wenn nicht bald Klarheit für alle Beteiligten erreicht wird. Dem Kirchenkreis Buxtehude liegt sehr daran, dass auch künftig Evangelische Kitas zum Bildungsangebot der Samtgemeinde gehören.“

Ohne Klärung, ob der KiTa-Verband die „Arche Noah“ und „Die Weltentdecker“ über den 31.07.2020 hinaus betreiben wird, ist aufgrund der vorliegenden Kündigung von einer Schließung der beiden Einrichtungen zum 01.08.2020 auszugehen. Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden der beiden Einrichtungen im 1. Quartal 2020 die betriebsbedingte Kündigung zum Sommer 2020 erhalten. Auch werden die mit den Eltern geschlossenen Betreuungsverträge mit dem 31.07.2020 enden.

Diese Entwicklung sorgt selbstverständlich für große Unruhe und vor allem für Unsicherheit in den Teams. Ebenso müssen die Familien der betreuten Kinder bangen, ob ab August 2020 die Betreuung ihrer Kinder wie jetzt fortgeführt werden kann und durch welchen Träger. Viele Eltern haben sich bewusst für einen kirchlichen Träger entschieden.

Den Verantwortlichen des KiTa-Verbandes fehlt das Verständnis für die Vorgehensweise und den Umgang miteinander seitens der Samtgemeinde Apensen. Der Vorstand des KitaVerbandes Buxtehude konnte bereits die Kündigung des Vertrages durch die Samtgemeinde nicht nachvollziehen, da es dafür keinerlei stichhaltige Begründung gegeben hat. Mit der Weigerung, Verhandlungen über einen neuen Vertrag zu führen, setzt die Samtgemeinde nunmehr die Fortführung der Betreuung der Kinder insgesamt sowie die Möglichkeit, die Erzieherinnen als hervorragende Arbeitskräfte zu halten, aufs Spiel. Für dieses verantwortungslose und fahrlässige Vorgehen fehlt dem Vorstand des Kita-Verbandes Buxtehude jedes Verständnis.

Buxtehude, d. 10. Dezember 2019

2. Offener Brief an die Samtgemeindebürgermeisterin und den Rat der Samtgemeinde Apensen vom (9. Januar 2020)

Sehr geehrte Frau Beckmann-Frelock, sehr geehrte Mitglieder des Samtgemeinderates Apensen,

mit Befremden habe ich am 7.1.2020 (!) die Einladung der Samtgemeindebürgermeisterin zu einem "Arbeitskreis für den Betriebsführungsvertrag Kita Arche Noah(Weltentdecker" am 27.12,2019 erhalten. Frau Beckmann-Frelock hat diese Einladung in einer E-Mail am Sonntag, 22.12.2019, um 22.24 Uhr an unsere Betriebswirtschaftliche Geschäftsführerin, Frau Wunderlich, gesandt. und ist umgehend per automatischer Antwort darüber informiert worden, dass diese E-Mail erst im neuen Jahr gelesen werden wird. Zudem enthielt diese Einladung die Aufforderung, bis zum 27.12.2019 "alle relevanten Zahlen" zu den "Aufwendungen" im Jahr 2018 vorzulegen, ohne genauer zu bezeichnen, was damit gemeint ist. Und obwohl wir dem Wirtschaftsprüfer, Herrn Dallmann, bereits im September und Oktober alle gewünschten Zahlen zur Verfügung gestellt hatten.

Gleichwohl haben die vier Fraktionsvorsitzenden, Frau Siedler-Thul, Herr Suhr, Herr Löwel und Herr Klindworth, in einem Schreiben ebenfalls vom 22.12.2019 die Eltern und Mitarbeitenden in den Kitas über den Arbeitskreis informiert, wohl wissend, dass es niemandem aus dem Kita-Verband möglich war, auf die Einladung zu reagieren, geschweige denn an dem Treffen am 27.12.2019 teilzunehmen.

Ich kann die Kurzfristigkeit der Einladung und die realitätsferne Bitte um „relevante zahlen“ nur so verstehen, dass dem Samtgemeinderat an einer Kooperation mit dem Kita-Verband als Träger der beiden Einrichtungen nicht gelegen ist. Der Kita-Verband hatte im vergangenen Jahr mehrmals um Gespräche über einen neuen Betriebsführungsvertrag gebeten, zuletzt mit einem Schreiben vom 21.11.2019, auf das hin uns Frau Beckmann-Frelock am 29.11.2019 mitteilte, dass keiner der Mitglieder des Samtgemeinderates auf diese Bitte reagiert hat.

Stattdessen entnehme ich nun dem Antrag der vier Fraktionsvorsitzenden vom 5.1.2020, über den in der Ratssitzung am 14.1.2020 abgestimmt werden soll, dass die Samtgemeindeverwaltung „die Kirche“ zu einem Gespräch einladen möchte. Der in dem Antrag enthaltene Vorwurf, auch „die Kirche“ habe „wegen fehlender Kooperation“ zu der Verzögerung der Verhandlungen beigetragen, entbehrt jeder Grundlage. Ich weise ihn entschieden zurück.

Angesichts der einseitigen und nicht notwendigen Kündigung der Betriebsführungsverträge durch die Samtgemeinde und der monatelangen Verweigerung von Gesprächen und Verhandlungen hat vielmehr der Samtgemeinderat allein die Verantwortung dafür, dass nun Zeitdruck herrscht und die Verunsicherung in der Elternschaft und den Teams der Mitarbeitenden größtmöglich ist.

Der Kita-Verband kann als Träger der Einrichtungen nicht anders, als sich an die gesetzlichen Vorgaben für die Betriebsführung zu halten. Das bedeutet angesichts der gekündigten Betriebsführungsverträge gegebenenfalls auch, dass wir gezwungen sind, Mitarbeitenden im ersten Quartal 2020 zu kündigen, um Fristen zu wahren.  Der Kita-Verband ist nach wie vor zu Gesprächen und Verhandlungen über neue Betriebsführungsverträge bereit. Die momentan vorhandene Verunsicherung über die Zukunft der Einrichtungen und der Kita-Plätze, aus der Eltern und Mitarbeitende eventuell schon jetzt Konsequenzen ziehen, hat allein der Samtgemeinderat zu verantworten.

Ich werde dieses Schreiben auch den Eltern und Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit zur Kenntnis geben.

Mit freundlichen Grüßen

Pastor Lutz Tietje, Vorsitzer des Kindertagesstättenverbandes Buxtehude

3. Erläuterung des Ev.-luth. Kindertagesstättenverbandes Buxtehude zu den Pro-Kind-Kosten (15. Januar 2020)

Die Samtgemeinde Apensen hat immer wieder darauf verwiesen, dass die Arche Noah die höchsten Pro-Kind-Kosten hat. Hierbei muss jedoch hinterfragt werden, wie die genannten Kosten ermittelt wurden. Kitas sind aufgrund unterschiedlicher Betreuungszeiten und Gruppenstrukturen nur schwer direkt untereinander vergleichbar.

Rund 90 Prozent der Gesamtkosten einer Kita ergeben sich durch die Personalkosten. Wir betreiben in der Arche Noah eine Integrationsgruppe, eine Kindergartengruppe und zwei Krippengruppen. Das Niedersächsische Kindertagesstättengesetz regelt für Kindertagesstätten aller Träger in Niedersachsen die personellen Mindeststandards. Diese sehen vor, dass in Kindergartengruppen maximal 25 Kinder von zwei pädagogischen Fachkräften betreut werden. In Integrationsgruppen und in Krippengruppen werden jedoch nur 18 bzw. 15 Kinder betreut – und zwar von drei pädagogischen Fachkräften. Vergleicht man also beispielsweise eine Kita mit vier Kindergartengruppen (hier würden acht pädagogische Fachkräfte 100 Kinder betreuen) mit der Arche Noah (hier betreuen elf Fachkräfte aufgrund der anderen personellen Mindeststandards nur 73 Kinder) wird schnell deutlich, dass die Pro-Kind-Kosten höher ausfallen müssen. Hinzukommt, dass das Kindertagesstättengesetz ebenfalls regelt, dass nur 12 Kinder in einer Krippengruppe aufgenommen werden dürfen, wenn viele Kinder unter zwei Jahren betreut werden. Dies war in 2018 der Fall, sodass wir für einige Monate aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen sogar nur 70 Kinder von elf Fachkräften betreuen lassen durften.

Bei dem Vergleich der Pro-Kind-Kosten dürfen auch die Betreuungszeiten nicht außer Acht gelassen werden. Drei der vier Gruppen der Arche Noah werden ganztägig betreut. Das bedeutet, dass mehr Personalstunden benötigt werden als beispielsweise in einer Kita, die nur eine Betreuung bis zum Mittagessen anbietet. Folglich steigen durch die Ganztagsbetreuung die Personalkosten und damit auch die Pro-Kind-Kosten.

Wie die kommunalen Kitas auch, sind wir an einen Tarifvertrag gebunden. In der Arche Noah waren in 2018 mehrere langjährige Mitarbeiterinnen tätig, die durch lange Berufszugehörigkeit eine tariflich höhere Bezahlung bekommen haben. Auch dies wirkt sich natürlich auf die Personalkosten aus und sorgt für einen Anstieg der Pro-Kind-Kosten. Hinzu kamen einige Langzeiterkrankungen. Zur Sicherstellung der Kinderbetreuung muss in Kitas sofort für Vertretung gesorgt werden. Somit werden während der sechswöchigen Lohnfortzahlung quasi zwei Gehälter (für die erkrankte Kraft und für die Vertretungskraft) gezahlt. Dies führt ebenfalls zu höheren Personalkosten. 

Bei der ganzen Diskussion über hohe Pro-Kind-Kosten der Arche Noah wurde eines jedoch immer wieder übersehen: Die Weltentdecker, die zu den gleichen Bedingungen wie die Arche Noah von uns betrieben werden, haben Pro-Kind-Kosten in Höhe von 9.175,12 € und sind damit pro Kind 527,75 € günstiger als die „teuerste“ kommunale Kita. Insofern ist die Behauptung, dass wir als Träger der beiden Kindertagesstätten zu teuer sein, nicht haltbar.

In der Sitzung des Rats der Samtgemeinde Apensen vom 14. Januar 2020 verkündete Herr Suhr, dass auch bei der künftigen Ermittlung der Pro-Kind-Kosten durch den Wirtschaftsprüfer Herrn Dallmann die Einnahmen der Kitas unberücksichtigt bleiben sollen. Das Außerachtlassen der Einnahmen kann nur zu einem verfälschten Ergebnis führen. Die Aussage von Herrn Suhr, dass durch die Einbeziehung der Einnahmen die Kitas besser dastehen würden, in denen Kinder finanzkräftiger Eltern betreut werden, entbehrt jeder Grundlage. Elternbeiträge machen, erst recht seit der Beitragsfreiheit, nur einen geringen Anteil der Einnahmen einer Kita aus. Die meisten Einnahmen werden durch die Finanzhilfe des Landes Niedersachsen, die es zur Refinanzierung eines Teils der Personalkosten gibt, und durch Erstattungen des Landkreises generiert. Dabei ist es so, dass der Landkreis beispielsweise die Personalkosten der heilpädagogischen Fachkraft in Integrationsgruppen zu 100 Prozent refinanziert. Und in Krippengruppen, in denen weniger Kinder von mehr Personal betreut werden, gibt es eine erhöhte Finanzhilfe. Daraus ergibt sich, dass gerade die höheren Pro-Kind-Kosten in einer Kita mit Krippen- und Integrationsgruppen durch die Einnahmen deutlich verringert werden. Sollte die Samtgemeinde also weiterhin die Einnahmen unberücksichtigt lassen, wird sie niemals einen realistischen Vergleich der Pro-Kind-Kosten zwischen Kitas mit unterschiedlichen Gruppenstrukturen erzielen können.